Wie´s früher war
Die gute alte Zeit, – für viele Menschen unserer computergesteuerten und stressgeplagten Tage bedeutet dieses Schlagwort ein rotes Tuch. Soo gut war sie nämlich gar nicht, die Zeit unserer Eltern und Großeltern. Oder doch ? Die Leute im Eifeldorf mussten von früh bis spät hart arbeiten und sich von den kargen Erträgen ihrer kleinbäuerlichen Landwirtschaft ernähren. Die Technik war nach heutigen Maßstäben noch „weit hinter dem Mond“, Handy, Fernsehen und Computer kannte man nicht einmal dem Namen nach. Auf dem Mittagstisch stand ein mächtiger Komp (Schüssel) Kartoffeln, Kolerawejemös (Gemüse) aus gekochten weißen Futterrüben, Milchsuppe mit Brotbrocken oder süßer Brei aus geschälten Gerstenkörnern. Einen Braten gab es nur zu besonderen Anlässen, zur Kirmes etwa, zu Ostern oder Weihnachten und zum Namensfest des Pfarrpatrons. Und doch wurden die Leute satt. In den wenigsten Dörfern gab es ein Auto, Fortbewegungsmittel war bestenfalls das Fahrrad, ansonsten verließ man sich auf Schusters Rappen, – und kam auch zum Ziel. Den heutigen Lebensstandard des Kleinen Mannes kannten unsere Vorfahren nicht, und weil sie ihn nicht kannten, brauchten sie ihn nicht. Sie kannten unterdessen auch nicht den Streß unserer Tage, allenfalls war man schon mal ärch verlade (arg beschäftigt), doch dieser Zustand behob sich von selber. Weil aber die Leute damals den krankmachenden Streß nicht kannten, waren sie ausgeglichener, zufriedener, menschlicher. Bei all ihrer harten Arbeit fanden unsere Eltern immer noch Zeit für ens aanzemaache (Raucherpause) etwa beim Pflügen, für einen Plausch mit dem Freund über den Gartenzaun hinweg oder für ein schnelles Köppche Kaffe (Tässchen Kaffee) mit der Nachbarin. Die gute alte Zeit hatte in der Tat auch positive Seiten. Die aber übersehen und übergehen wir leider nur zu leicht und zu bereitwillig.
„Wie´s früher war“, unter dieser Rubrik soll nun hier in Kurzgeschichten an die längst vergangene – und vielfach vergessene – Kinder- und Jugendzeit erinnert werden. Dabei sind sowohl Licht- als auch Schattenseiten aufzuzeigen, auch früher nämlich war längst nicht alles Gold, was da glänzte. Im Interesse einer wahrheitsgemäßen Darstellung ist die Schilderung der damaligen ärmlichen Verhältnisse im Eifeldorf nicht zu umgehen. Niemand von uns muß sich aber seiner Eifelheimat schämen. Ich selber würde mein bescheidenes Elternhaus gegen keinen Palast der Welt eintauschen.
Niemand muß sich schließlich auch seiner Muttersprache schämen, die ein Stück Heimat bedeutet und dennoch mehr und mehr in Vergessenheit gerät, – weil sich der “Insider” von heute ihrer eben doch schämen zu müssen glaubt. Ist es nicht sehr viel beschämlicher, wenn wir unser gutes Deutsch mit Fremdwörtern geradezu bombardieren? Mein alter Redakteur Karl Jansen-Winkeln legte mir seinerzeit bei meinem „Dienstantritt“ unmissverständlich nahe: „...und kommen Sie mir nur ja nicht mit Fremdwörtern! Wir haben eine deutsche Sprache“! Er hatte ja so Recht. Der Landschaftsverband Rheinland hat unlängst in einer Studie herausgestellt, daß “Sprachscham” der Hauptgrund für den Niedergang rheinischer Dialektformen ist. Wie oft erleben wir es doch selber: Ein halbes Jahr in der Stadt und der Landbewohner versteht kein Eifeler Platt mehr, schämt sich seiner Heimatsprache. Erfreulicherweise befassen sich unterdessen immer mehr Eifelautoren mit der Erhaltung und Pflege ihrer heimischen Umgangssprache. Wie schon das Dörfer Lexikon, so möchte auch Wie´s früher war nicht zuletzt einen bescheidenen Beitrag zum Erhalt Eifeler Mundart leisten. Sie verdient es, daß wir uns ihrer annehmen. Johann Vossen
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