Wie es gestern war
VO Der „Altentag“ war schon während der Amtszeit von Altbürgermeister Johann „Schang“ Leyendecker (1948 bis 1969) ab dem Jahr 1961 eine beliebte Jahresveranstaltung der damals noch autarken Gemeinde Blankenheimerdorf in Zusammenarbeit mit den Ortsvereinen. Das Altenfest sollte den Dorfsenioren die Gewissheit vermitteln, dass sie innerhalb der Dorfgemeinschaft durchaus nicht „zum alten Eisen“ getan und „aufs Abstellgleis geschoben“ seien. Das ist auch heute noch Sinn und Zweck der Veranstaltung, die auf der Jahresliste des Vereinskartells zu den Traditionsfesten zählt. Als im Zuge der kommunalen Neuordnung 1969 das Kartell unter Vorsitz von Helmut Hahn gegründet wurde, stand „Gestaltung des Altentages“ als eine von insgesamt sieben Aufgaben in der Satzung, die am 26. Januar 1970 durch die Vertreter der acht Ortsvereine unterzeichnet wurde. „Förderung der Altenhilfe“ lautete die Formulierung in der späteren Satzung vom 12. Juni 1987, die zur Erlangung der Förderungswürdigkeit erforderlich geworden war.
Jahrzehnte hindurch war der 01. Mai der Veranstaltungstermin für unseren Altentag, dessen Namensgebung der damalige Kartellvorsitzende Otto Breuer beim Fest 1990 erstmals auf „Seniorenfest“ umtaufte, weil das „verbindlicher und nicht so allgemein klingt.“ Auftakt zum Fest war unter Pfarrer Ewald Dümmer stets ein gemeinsamer Gottesdienst mit den Senioren in der heimischen Kirche, anschließend wurden die Teilnehmer in einem kleinen Festzug mit Musik- und Tambourbegleitung zum Saal Friesen geführt. In der Herbsttagung 1990 regte Bürgermeister Toni Wolff im Kartell überraschend eine Terminverlegung in die Adventszeit an, eine Umfrage stieß unterdessen bei den Senioren auf weitgehende Ablehnung, also blieb der ursprüngliche Termin bestehen. In der Frühjahrstagung 1992 teilte dann Pfarrer Johannes Weber ebenso überraschend mit, dass am 01. Mai ein Gottesdienst nicht gehalten werden könne. Als Ersatz empfahl er eine gemeinsame Andacht mit Laien. Zitat aus der Niederschrift: „Nach langanhaltenden Diskussionen entschloss man sich, den Altentag in diesem Jahr (1992) nochmal zu veranstalten.“ Also versammelten sich die Senioren am 01. Mai am Denkmalplatz, wo sie mit Musik abgeholt und wie gewohnt zum Saal geleitet wurden. Die Enttäuschung ob des Fehlens jeglicher kirchlichen Beteiligung war unverkennbar.
Ab 1993 fand dann das Seniorenfest im März statt, nachdem der eine oder andere Verein sich für eine Terminverlegung ausgesprochen hatte und am 01.Mai nachmittags ohnehin kein Gottesdienst mehr gehalten werden sollte. Der Maifeiertag sei oft der Anlass zu einem „verlängerten arbeitsfreien Wochende,“ argumentierten die Befürworter der Verlegung, und viele Arbeitnehmer würden nicht wegen des Altentages auf diesen „Kurzurlaub“ verzichten. Inzwischen hat sich die, zunächst ungeliebte Terminverlegung, im Dorf „akklimatisiert.“
Die Veranstaltungen waren in der Regel mit 70 bis 90 Senioren gut besucht. Die Organisatoren und Vereine taten ihr Bestes, um immer wieder ein paar unterhaltsame Stunden finanzieren und in die Tat umsetzen zu können. Stets wurde „volles Programm“ geboten, meistens beteiligten sich die Senioren auch selber an der Programmgestaltung, ich erinnere mich noch an Matthias Schlemmer („Bahne Mattes“) mit dem witzigen Vortrag über seinen altmodischen, dadurch aber glücklichen Opa. Das war im Jahr 1981, ein Jahr später stellte sich die „Rentnerband“ (Maria Ensel, Nella Nürnberg, Maria Genzwürker, Margret Schlemmer, Johann Hess), dem Publikum vor, beispielsweise mit dem Liedvortrag „Hie dejt et wieh, on do dejt et wieh, alles wat schön wor, dat kannste net mieh.“ Unvergessen bleibt aus derselben Veranstaltung eine ganz besondere Darbietung. Zitat Rundschau vom 05. Mai 1982: „Mäuschenstill wurde es im Saal, als Grete Vith mit ihrem Kinderchor auf die Bühne stieg, begleitet von Winfried Doffing als Bass-Bariton-Gesangssolist und Eduard Steffens mit seinem Akkordeon. Mit dem Lied „Ach ich hab in meinem Herzen da drinnen einen wundersamen Schmerz“ eroberte sich die Gruppe die Herzen aller Anwesenden und mancheiner wischte sich mehr oder weniger verstohlen über die Augen.“
Dass es beim Erscheinen des Kinderchors mäuschenstill wurde, kam nicht von ungefähr, zu gut war noch der Auftritt derselben Gruppe – anstelle von Eduard Steffens spielte diesmal Matthias Dederichs auf dem Akkordeon – aus dem Vorjahr in Erinnerung: Ein „Dankeschön an alle Omas und Opas,“ von Grete Vith einstudiert, trugen die acht kleinen Mädchen damals vor, „Oma komm doch,“ baten die Kinder, „von der Fernsehtante haben wir genug, Oma, nimm ein Märchenbuch.“ Der Beifall wollte nicht enden, und verstohlen flossen auch hier die Tränen, - nicht nur Seniorentränen. Und dass in Winfried Doffing „da drinnen“ ein ungeahntes Gesangstalent schlummerte, hatte bis dahin kaum einer im Dorf gewusst, seine beeindruckende Bass-Bariton-Stimme bleibt unvergessen. Die Darbietung war der unbestreitbare Höhepunkt des Seniorenfestes 1981.
Mit erstaunlichem Elan und großer Begeisterung gestalteten in früheren Jahren die Senioren selber ihr Fest mit, die Rentnerband beispielsweise wurde mit der Zeit geradezu unverzichtbar. Beim Seniorenfest 1988 verkündeten unter anderem Anna Schlemmer, Maria Friederichs und Nella Nürnberg entschieden: „Wir sind noch nicht im Altenheim bei Apfelmus und Haferschleim.“ Auch einige Angehörige des damals noch „ruhenden“ Theatervereins beteiligten sich ständig mit heiteren Einaktern am Seniorenfest. Nicht zuletzt begeisterte auch immer wieder die im Januar 1986 auf Initiative von Margarete Schmitz gegründete Seniorentanzgruppe unter Leitung von Frau Sophie Lange aus Nettersheim. Schon beim Altentag am 01. Mai desselben Jahres trat die Tanzgruppe mit großem Erfolg erstmals an die Öffentlichkeit, für ihren von Frau Lange einstudierten „Dreier-Schottisch“ gab es anhaltenden Beifall. Ab da waren die Tänzerinnen beim jährlichen Altentag unverzichtbar. Das ging auch unter Frau Freda Hörnchen aus Schleiden weiter, die 1991 die Leitung der Tanzgruppe übernahm. Eine hervorragende Leistung der Gruppe war der von Frau Hörnchen einstudierte Lichtertanz „Sterne der Heiligen Nacht,“ ein Glanzpunkt beim jährlichen Adventssingen. Die Dörfer Seniorentanzgruppe gibt es seit Ende 2010 leider nicht mehr.
Und wie es heute ist
Das Seniorenfest 2013 fand am Sonntag, 17. März statt, es war die 53. Veranstaltung dieser Art in unserem Dorf, ich nahm es zum Anlass für diese Rückschau. Eine uralte Bauernregel besagt: „Ist Sankt Gertraud sonnig, wird dem Gärtner wonnig.“ Demgemäß war dem Gärtner im März 2013 wenig Wonne beschieden, das nass-kalte Sonntagswetter an Gertrudis nämlich war alles andere als gartenfreundlich. Wenn es unterdessen draußen stürmt und wettert, lässt es sich drinnen umso gemütlicher feiern. Das mögen sich auch die rund 80 Dorfsenioren gedacht haben, die der Einladung unseres Vereinskartells gefolgt waren und im Bürgerhaus einen vergnüglichen Nachmittag bei Musik und Humor und ausgezeichneter Bewirtung erlebten. Die dienstbaren Kartellgeister lasen ihren Gästen jeden Wunsch von den Augen ab. Bei dieser Gelegenheit zeigte sich einmal mehr, dass das neue Bürgerhaus für derartige Veranstaltung wie geschaffen ist.
Zur Eröffnung präsentierten sich die Spielleute unter Leitung von Ludger Schneider von ihrer besten Seite. Wer die 13-köpfige Gruppe längere Zeit nicht erlebt hatte, der war erstaunt ob deren heutigem Leistungsstand. Die flotten Darbietungen gingen „ins Blut“ und mancher Senior wähnte sich um ein halbes Jahrhundert zurückversetzt, in die Blütezeit der Dörfer Tambourmusik, als bei uns zu Pfingsten noch eifrig Tambourwettstreit gefeiert wurde. Die Senioren unter uns erinnern sich noch, dass morgens in aller Herrgottsfrühe das heimische Korps durch die Straßen zog und zum „Wecken“ aufspielte. Der Spielmannszug wurde im Jahr 1932 durch Heinrich Jörres und Josef Jentges gegründet, erster Zugführer war Heinrich Jörres, sein Nachfolger war Johann Uedelhoven, ihn löste Johann Friederichs ab, Vereinspräsident war Josef Blens. Der Verein gab sich den Namen „Die Dörfer.“ Unser Spielmannszug gehörte nach dem Krieg, zusammen mit Eiserfey, Harzheim und Berbguir, zur „Tambourelite“ im damaligen Kreis Schleiden.
Unvergessen ist der große Tambourwettstreit am Pfingstsonntag 1966, unvergessen deswegen, weil alle 12 damals im Kreis Schleiden existierenden Spielmannszüge zu Gast waren und ein prächtiger Festzug durch den Ort zog. Gesamtsieger wurde damals der Spielmannszug Broich. Unvergessen ist unter anderem auch der Große Zapfenstreich auf dem Schulhof anlässlich des 60-jährigen Bestehens unserer heimischen „Spielmöpse“ (eine von Johann „Klobbe“ Friederichs gern angewandte Bezeichnung für sein Tambourkorps) im Jahr 1962.
Ein paar zünftige Märsche waren genau der richtige Auftakt beim Seniorenfest, und als sogar „Wir Brüder der Gemütlichkeit“ (das Dörfer Kirmeslied) erklang, war die Stimmung perfekt. Der neue Kartellvorsitzende Erwin Auel bedankte sich bei den Spielleuten, hieß die Besucher willkommen und schickte Genesungswünsche an diejenigen Senioren, die wegen einer Erkrankung nicht am Fest teilnehmen konnten. Dann plauderte Hedwig Blaschke hintergründig über „frühere Familienverhältnisse im Eifeldorf“ und konstatierte abschließend: „On wat ech hie verzällt han, dat os net jeloëje (gelogen).“ Die Kindergartengruppe „Rasselbande“ unter Anja Leitner kam mit „Alle Vögel sind schon da“ auf die Bühne und forderte zum Mitsingen auf. Die acht „Pänz“ ernteten stürmischen Beifall. Anhaltenden Beifall gab es danach für den Musikverein mit seinem Dirigenten Rolf Richter. Die Musiker kamen nicht ohne Zugabe von der Bühne, und Kartellchef Erwin Auel kommentierte: „Reinster Ohrenschmaus.“ Unser Musikverein feiert am 15. und 16. Juni 2013 sein 50-jähriges Bestehen.
Bürgermeister Rolf Hartmann hatte in Blankenheimerdorf „die hübschesten Mädchen entdeckt“ und eroberte sich damit auf Anhieb die Sympathien der Senioren. Der Bürgermeister freute sich, dass in den Oberahrdörfern die alten Leutchen nicht ins Abseits geschoben werden und dass sich insbesondere die Vereine uneigennützig für die Pflege der Dorfgemeinschaft einsetzen. Rolf Hartmann: „Ich bin stolz, Bürgermeister einer Gemeinde wie Blankenheim sein zu dürfen.“ Ein unscheinbarer Briefumschlag war des Bürgermeisters Dank ans Dörfer Vereinskartell für das heutige Seniorenfest. „Lieder zum Mitsingen“ präsentierte dann die zehnköpfige Mundharmonikagruppe unter Hans Josef Göbbel. Bei „Hell die Gläser klingen“ kam Stimmung auf, weiter ging es mit „Ein Heller und ein Batzen,“ mit dem „Eifellied“ und „Rauschende Birken,“ und bei „So ein Tag, so wunderschön wie heute“ waren die Saalbesucher ein Herz und eine Seele.
Danach kam der Humor zur Geltung. Da erzählte zunächst Cilli Wagner von einer Wallfahrt besonderer Art, bei der nicht gebetet, dafür aber gelacht und getanzt wurde, bis sich dann herausstellte: Die Pilgerin war in den „Klingenden Rheinländer“ statt in den Wallfahrtzug nach Kevelaer eingestiegen. Die Geschwister Heinz Hess und Hedwig Blaschke diskutierten in einem humorvollen Zwiegespräch über ihre Probleme mit dem Dichternamen Schiller und dem Antiquitätenhändler Schaller aus Weimar. Da war beispielsweise zu hören, dass der Freiheitsheld Wilhelm Tell „auf Obst geschossen“ habe, und dass „die Räuber“ von Schiller seien und nicht „die Herren vom Finanzamt.“ Erwin Nelles schließlich erntete für den Liedvortrag „Ich wör su jän ens Weihbischof,“ den die berühmten „Bläck Fööss“ im Jahr 2010 produzierten, den ungeteilten Beifall der Saalbesucher.
Das Seniorenfest 2013 war, wie nicht anders zu erwarten, wieder „eine runde Sache.“ Das Programm schien zwar mit 11 Punkten im Vergleich zu früheren Veranstaltungen – in 1997 und 1998 beispielsweise standen jeweils 24 Darbietungen auf der Liste – auf den ersten Blick etwas „mager,“ doch erwies sich dieser Eindruck sehr rasch angesichts des Gebotenen als unbegründet. Auch der Kartellvorsitzende zeigte sich rückschauend durchaus angetan vom Fest. Erwin Auel zog Bilanz: „Insgesamt ein kurzweiliger Nachmittag mit einem ansprechenden Programm, das von den Dörfer Senioren und Vereinen gestaltet wurde.“
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