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Obbs Das Dialektwort für „Obst,“ Sammelbegriff für die essbaren Früchte. Obst war zu allen Zeiten ein Hauptnahrungsmittel, dem man unterdessen noch zu unserer Kinderzeit wesentlich mehr Beachtung schenkte als heutzutage. Ein vom Baum gefallener Apfel war im Haus abzuliefern und wir waren glücklich, wenn er uns zum Verzehr überlassen wurde, was aber nicht allzu oft der Fall war. Heute bückt sich kein Mensch mehr nach einem auf der Erde liegenden Apfel. Echtes Ejfeler Obbs ist etwas herb wie der Eifeler selber, die Früchte verderben am Baum, niemand pflückt sie, weil sie hart und sauer sind und ein Wurmloch haben. Seinerzeit holte sich Plönne Johann (Johann Hess) die Äpfel aus unserem Garten für seine Stalltiere, heute dienen sie den Staren und Amseln als Winterfutter. In unseren Flegeljahren gingen wir junge Burschen nachts Obbs klaue (Obst stibitzen) und schlugen uns den Bauch voll Äpfel, Pflaumen und Kirschen, - heute ist Obbs längst kein „Beuteobjekt“ mehr. Im Bereich der Hofwüstung Bierther Hoff gab es noch nach dem Krieg Apfel-, Birnen- und Pflaumenbäume, sogar ein Walnussbaum stand dort, und ein Baum mit ungewöhnlich dicken rötlichen Pflaumen. Das Bierther Obbs war bei uns Pänz beliebt, sonntags marschierten wir nach Bierth. Das gesamte Gelände der Hofwüstung ist längst aufgeforstet und zum geheiligten Jagdrevier geworden, das kein „Fremdling“ mehr zu betreten wagt. Die Obstbäume gibt es nicht mehr.
och Wieder ein Wort mit doppelter Bedeutung, je nach Aussprache. Och mit hartem o gesprochen (Beispiel: Loch) steht für den Ausruf „Ach“ und wird übrigens im Niederländischen genau so ausgesprochen. Och mit kurzem weichem o (wie im Mundartwort Zoch = Zug) bedeutet „auch,“ der Holländer sagt hier „ook.“ Ein paar Beispiele für die verschiedenartigen Anwendungen. Och du leever Jott (Ach du lieber Gott) ist ein häufig gebrauchter Ausruf des Staunens oder Erschreckens. Och nää bedeutet unverkennbar „Ach nein.“ Mancheiner macht seinem Ärger mit Och leck mech doch am… Luft und gelegentlich lautet die schlagfertige Antwort darauf Du mech och epaarmool (Du mich auch ein paar Mal). Eine Umschreibung des Götz-Zitates im obigen Sinn ist Och blooß mech doch em Höit (wörtlich: Ach blas mich doch im Haupt). Dat jlöüven ech wahl och (Das glaube ich wohl auch) ist Ausdruck gleicher Gesinnung, und Och dat noch (auch das noch) drückt Entrüstung und Überdruß aus. Eindeutiger Beweis für die Verwandtschaft unserer Mundart mit der holländischen Sprache ist Dat kann ech och (Das kann ich auch), die Niederländer nämlich sagen „Dat kan ik ook.“
Oëß (hartes o) Der Oëß war früher ein wertvoller und leistungsstarker Gehilfe des Bauern bei der täglichen Arbeit, heute ist er weitgehend „aus der Mode gekommen,“ denn Ochsen als Gespanntiere sind längst durch die Technik ersetzt worden. Ein Prachtexemplar seiner Art lebt heute noch (2011) im Freilichtmuseum Kommern, ganz in unserer Nähe: Max, das Museumsmaskottchen. Noch nach dem Krieg besaß der Durchschnitts-Eifelbauer nur ein Köhjespann, der Bessergestellte leistete sich zwei Oësse, und wem es noch besser ging, in dessen Stall standen zwei oder mehr lebendige PS. Der Ochse als Arbeitstier war ein echtes Kraftpaket, es gab wenige Lasten, die ein ordentliches Oëssejespann nicht von der Stelle gebracht hätte. Wenn Max und Pitt (gängige Zugtiernamen) sich ins Zeug legten, kam entweder die Karre aus dem Dreck, oder das Zuggeschirr ging in Stücke, - ein „Resignieren“ gab es für die Oësse nicht. Ein beliebtes Kinderspiel unserer Jugend hieß Oëß am Berch (Ochs am Berg), und von einem ratlosen Mitmenschen sagt man noch heute: Dä steht do wie dr Oëß vür´m Berch. Die Redewendung stur wie en Oëß kommt nicht von ungefähr: Ein Ochsengespann beispielsweise gehorcht einzig seinem Herrn, Befehle aus „unberufenem“ Munde werden einfach ignoriert.
öeßich Von Zeit zu Zeit benahm sich die Eine oder Andere unserer vier Kühe auf der Weide ziemlich seltsam: Sie bestieg ihre Artgenossinnen, die meistens Reißaus nahmen. De Schwitt os öeßich, wurde uns dann kurz erklärt. Was das aber bedeutete, erfuhren wir Kinder erst viel später, als wir 15 oder 16 Jahre alt waren. Manchmal wurde die öëßige Kuh bie dr Stier jelejd (wörtlich = zum Stier geleitet), den der Nachbar in seinem Stall hielt. Warum das nötig war und was beim Stier geschah, auch das erfuhren wir erst später. In 1944 gab es in Nonnenbach keinen Bullen, unsere öëßige Brong (Tiername: die Braune) musste nach Blankenheimerdorf jelejd werden. Auf der Rückreise gerieten Mam und die Kuh an der Schmidtheimer Straße in den Luftangriff etlicher „Jabos,“ die da ein paar Wehrmachtsfahrzeuge „beharkten.“ Es gab damals zwei tote Soldaten, Mutter und Brong kamen unversehrt daheim an. Auf gar keinen Fall durften wir Pänz mit, wenn eine unserer Kühe jelejd wurde. Die Geheimniskrämerei machte uns selbstredend neugierig, und so kamen wir der Sache viel früher auf die Spur, als uns erlaubt war. Öeßich bedeutet wörtlich „ochsig,“ ein Ochse war aber kein Stier und so bürgerte sich sehr rasch stierich als passenderes Ersatzwort ein. Das Datum des „Stierbesuchs“ wurde notiert, stellte sich dann heraus, dass die Kuh trächtig war, errechnete man daraus den Zeitpunkt, ab dem die werdende Kuhmutter drüch stohn (trockenstehen = nicht mehr gemolken werden, Beginn im Regelfall 8 Wochen vor dem Kalben) musste. Dieses Datum wurde mit Kreide an den Deckenbalken im Stall geschrieben.
Oëssepisel Das nicht alltägliche und etwas unfeine Wort existiert auch in der Standardsprache: Ochsenfiesel oder Ochsenpesel. Es wird nur noch selten gebraucht, wenn es aber tatsächlich einmal zur Anwendung kommt, spricht man vornehmerweise vom „Ochsenziemer“, der unterdessen dasselbe bedeutet wie der Oëssepisel, nämlich ein hartes und doch elastisches knüppelartiges Schlagwerkzeug, ein Schlagstock von besonderer Herstellungsart. Das Besondere daran: Wie der Name schon erahnen lässt, ist es aus den Genitalien eines Bullen hergestellt, nämlich aus der, im Innern durch eine Stahlstange verstärkten Harnröhre. Die Namensgebung geht auf das holländische Wort „Pees“ zurück, was „Sehne“ oder „Flechse“ bedeutet. Du kreß se mot dem Oëssepisel war die massive Androhung einer körperlichen Züchtigung. Wenn man bei einer Schlägerei mit Oëssepisele aufeinander losging, gab es mit Sicherheit blutige Köpfe, und später stellte man fachmännisch fest: Jung, do han se sech äwwer noch ens fies verpisematuckelt (anderes Wort: verdreische = verdroschen). Früher hatte jeder Kneipenwirt einen Oëssepisel griffbereit unter der Theke liegen: Wirksamer „Friedensstifter“ bei Schlägereien. Den Ochsenziemer gibt es heute noch in verschiedenen Größen als Kauspielzeug für Hunde (Quelle: Wikipedia).
oëwenop Oëwenop ist ein Umstandswort des Ortes und bedeutet „obenauf,“ in Dörfer Mundart wird es jedoch meistens als Hinweis auf das Obergeschoß im Eifelhaus angewandt. „Das Schreiben liegt obenauf“ besagt, dass das gesuchte Schriftstück das Erste oben auf dem Stapel ist. Dat Schrieves litt oëwenop bedeutet aber bei uns, dass es im Obergeschoß des Hauses liegt. Um der Standardsprache gerecht zu werden, würden wir im Fall des Stapels sagen: Dat Schrieves litt oëwen drop, also oben drauf. Maach dech oëwenop lautete der elterliche Befehl, mit dem wir Kinder zu Bett geschickt wurden, oft hieß es hier auch de Trapp erop (die Treppe hinauf). Zumindest sinngemäß ist oëwenop so etwas wie ein als Hauptwort gebrauchtes Umstandswort – zeitgemäß: substantiviertes Adverb – mit der Bedeutung „Das Obenauf.“ Das holländische Wörtchen „bovenop“ ist nur lautmäßig mit unserem oëwenop verwandt, es bedeutet „obenauf“ im Sinne unseres oëwen drop. Das Hauptwort Oëwenop bezog sich auf das gesamte Oberschoß, beispielsweise mussten samstags die Oëwenopsfenstere jebotz (die Fenster geputzt) oder die Oëwenopsjardenge jeweische (die Gardinen gewaschen) werden. Und nach oëwenop gelangte man schließlich über die Oëwenopstrapp (Treppe).
Oëwespief Die Oëwespief ist das Ofenrohr, das der Rauchableitung in den Kamin dient. Heute beinahe überflüssig, war die Pief früher unverzichtbar. Im Huus (Eifeler Küche) mündete das Pieferühr (wörtlich: Pfeifenrohr) vom Herd aus in den offenen Kamin, in der Stovv (Stube, Wohnzimmer) führte es durch die Decke, ragte im darüber liegenden Schlafgemach der Eltern meterhoch aus dem Boden und führte dann in den Kamin, – eine ganz passable Schlafzimmerheizung, die außerdem als „Haustelegraph“ diente: Wenn zu später Nachtstunde der „Zapfenstreich“ gekommen war, riß unvermittelt energisches Hämmern an der Oëwespief die genüssliche Zweisamkeit auf der Couch drunten in die Realität zurück und verkündete „Feierabend.“ Wenn dem nach dem dritten Klopfen noch nicht Folge geleistet war, erschien der Klopfgeist höchstpersönlich in der Stubentür. Und dann w a r Feierabend. Die Eltern kannten sich da aus eigener Jugenderfahrung bestens aus: Wenn sogar die dritte „Rohrmahnung“ erfolglos blieb, wurde es höchste Zeit für einen „Kontrollgang“ ins Untergeschoß. Einmal im Jahr, meist zur Kirmes, wurde die Oëwespief frisch mit Pottloh (Ofenschwärze, Graphitfarbe) oder Silberbronze gepinselt. Bis das Zeug eingebrannt und trocken war, duftete es im ganzen Haus tagelang intensiv nach Farbe.
of (kurzes hartes o) Ein mit der niederländischen Sprache verwandtes Bindewort mit der Bedeutung „ob,“ früher häufig auch anstelle von „oder“ gebraucht, was regional heute noch üblich ist. Beim Dorfschuster erschien Hubertchen: Esch soll ens frore, of Pap seng Schohn fäedich sen, hä mööt die nüedich bruche (…brauchte die Schuhe dringend), und Schuster-Köbes brummte unwillig: Of nüedich of net, se sen noch net fäedich (Ob nötig oder nicht, sie sind noch nicht fertig). Sehr gebräuchlich sind Wortverbindungen: Wejßte höck ad, ofste mohr Zitt häß (Weißt du heute schon, ob du morgen Zeit hast). Ein Kraftwort der Holländer lautet Nu of nooit (Jetzt oder nie). Jetz of nie ist bei uns dagegen nicht gebräuchlich. Lautgleich mit of ist off, was aber dem hochdeutschen „oft“ entspricht. Wie off moß ech dat dann noch preddije (Wie oft muss ich das noch predigen) meckerte Jött wieder einmal, und Onverhoff kött off (Unverhofft kommt oft) besagt ein weises Sprichwort. Früher wurde of auch häufig anstelle von „etwa“ verwendet: Stöcker zehn of zwölef (Etwa zehn bis zwölf Stück), en Stond of zwei (etwa zwei Stunden). Diese Redewendung ist bei uns nicht mehr gebräuchlich.
Offer Auf den ersten Blick scheint hier ein Zusammenhang mit „Offerte“ zu bestehen, tatsächlich aber ist das „Opfer“ gemeint, speziell das Opfer im Zusammenhang mit kirchlichen Zeremonien und Spenden. Wir Messdiener trugen bei der Offerung (Opferung, Bereitung der Gaben) Wein und Wasser zum Altar. Beim Seelenamt oder bei einer Beerdigung war bei uns früher der Offerjang (Opfergang) üblich: In das, auf der Kommunionbank stehende Offerkörfje (Opferkörbchen) tat man Geld und durfte sich einen der bereitgelegten Totenzettel mitnehmen. Heute wird das Körbchen oder der Klingelbeutel rundgereicht, Duëdezeddele sind dabei nur noch selten. Bei der Opferung im Gottesdienst mom Körfje john (wörtlich = mit dem Körbchen gehen) ist Sache der Kirchenvorstandmitglieder, früher war es die Aufgabe des altgedienten Kirchenrendanten Nikolaus Brück. Von diesem oder jenem Kirchenbesucher angelegentlich „übersehen“ wurde früher und wird auch heute noch der Offerstock (Opferstock), der stumme „Bettler,“ der heutzutage immer wieder Zielobjekt von Dieben und Einbrechern ist. Eine Bauernweisheit besagt: Wenn du einen Bauern zu einem Umweg veranlassen willst, dann stelle ihm einen Opferstock in den Weg.
Ogger (weiches o) Das Wort steht in keinem Zusammenhang mit dem menschenfressenden Märchenriesen Oger, ebenso wenig besteht eine Verbindung zur Ockerfarbe. Ogger ist vielmehr die Eifeler Bezeichnung für das Euter der Säugetiere, insbesondere für die „Milchfabrik“ der Kuh. Obwohl ein ganz und gar weibliches Attribut, ist dieses nützliche Körperorgan schon in der Standardsprache geschlechtslos: Das Euter. In der Eifeler Mundart wird es sogar männlich: Der Ogger. Der Ogger war und ist ein wichtiges Kriterium für die Bewertung einer Milchkuh, allein der optische Eindruck verriet dem geschickten Viehhändler oder Bauersmann bereits alles über die Milchleistung des Handelsobjekts. Die Mehrzahl von Ogger ist Oggere oder auch Ögger. Wenn sich beim jungen Rind das Euter bildet, sagt man Dat Dier oggert. Von älteren Leuten habe ich erfahren, dass im Krieg Kuheuter ein gängiges Nahrungsmittel gewesen sei. Bei „Wikipedia“ fand ich heraus, dass diese Speise auch heute noch vereinzelt in Spezialrestaurants angeboten wird, insbesondere als „Berliner Schnitzel“ für besondere Feinschmecker. Wikipedia bestätigt auch, dass Euterbraten auch noch nach dem Krieg als billiger Schnitzelersatz an der Tagesordnung war. Ich selber verspüre unterdessen nicht die geringste Lust auf Oggerschnitzel, habe sie auch noch nie probiert. Freilich: Wer Schnecken, Muscheln, Heuschrecken und dergleichen verzehrt, - warum sollten dem nicht auch Euterschnitzel munden.
Ohme Ohme ist eigentlich gleichbedeutend mit Ohm, beides heißt „Onkel“ und ist offensichtlich vom früher gebräuchlichen Oheim abgeleitet. Mit dem Maß für den elektrischen Widerstand hat das Eifeler Ohm unterdessen nicht das Geringste zu tun. Für uns Kinder war jeder ältere Mann im Dorf ein „Onkel,“ der „Onkel Doktor“ unserer heutigen Tage ist noch ein Relikt aus jener Kinderzeit. Den „Onkel“ aus dem Dorf, sofern er nicht zur eigenen Familie gehörte, redeten wir Kinder mit Ohme an, der Nachbar beispielsweise war für uns nicht der Herr Geusen, sondern Schmette Ohme. Als Hütebub besaß man früher in den seltensten Fällen eine Uhr, also fragte man den vorbei kommenden Feldhüter nach der Uhrzeit: Ohme, wie spät os et. Bei uns daheim erfuhr der Ohme noch eine Steigerung. Wenn es sich um das Familienoberhaupt handelte, kam das in der kindlichen Anrede zum Ausdruck: Der Nachbar Heinrich Klinkhammer war nicht mehr nur Kaue Ohme, vielmehr betitelten wir ihn respektvoll mit Kaue Vatter. Gleichermaßen war die Hausfrau für uns Kaue Motter. Den leiblichen Onkel nannten wir allgemein Ohm, in der persönlichen Anrede wurde daraus aber Onkel. So zitiere ich beispielsweise im Dörfer Lexikon häufig meinen Ohm Mattes, in meiner Kindheit hätte ich das niemals gewagt, - er hätte mir mit ziemlicher Sicherheit eine „gelangt.“
Oker Mit Oker bezeichnete man die Ockerfarbe, die es in mehreren Schattierungen zwischen Gelb und Braun als Pulverfarbe zu kaufen gab. In vielen dörflichen Allerweltsläden gab es ein Holzregal, dessen diverse Schubkästen unter anderem auch Trocken- oder Pulverfarben der gängigsten Sorten enthielten. Verkauft wurde nach Gewicht, beispielsweise e Viëdel helle Oker (ein Viertelpfund, 125 Gramm). Ocker ist eine „Erdfarbe,“ die früher sehr häufig als Farbzusatz in die Kalktünche für den Hausanstrich kam. Vater vermengte Oker mit Lengollich (Leinöl) und „imprägnierte“ damit seine neuen Schreinereierzeugnisse. Im Mittelhochdeutschen war, neben Ocker, auch die Bezeichnung „Ogger“ gebräuchlich, was unterdessen nicht mit unserem mundartlichen Ogger (Euter) vergleichbar ist. Die niederländische Sprache kennt wie unsere Mundart den Ausdruck Oker. Im Umgang mit Pulverfarben war eine gewisse Vorsicht ratsam: Ein Spröüzje (Spritzerchen) davon auf der Kleidung konnte mächtigen Ärger bereiten, denn das Zeug war nur schwer wieder wegzukriegen, Verdünnung oder Benzin waren da ziemlich „machtlos.“ Einmal platzte mir die braune Farbtüte in den Händen und eine Menge gerade erst gekaufter Oker ergoß sich über meine Hose. Oker zum Deuwel, Jeld zum Deuwel, on de Botz versaut, - dreifacher Ärger, das war schon fast kriminell.
Öllech (weiches ö) En Mohlzitt ohne Öllech oß wie en Müll ohne Wasser, (Eine Mahlzeit ohne Zwiebeln ist wie eine Mühle ohne Wasser) wussten früher die Leute die Wertigkeit unserer „Würzpflanze Nummer eins“ zu beschreiben. Im Hausgarten gab es immer e Feldche Öllech als Bezugsquelle der unentbehrlichen Öllechspiefe (wörtlich: Zwiebelpfeifen, = Röhrenblätter), mit denen unsere Jött bei der Zubereitung der Mahlzeiten äußerst verschwenderisch umging, – zu meinem Verdruss, denn Öllechspiefe mochte und mag ich auch heute noch nicht. Das Mundartwort Öllech ist vermutlich auf die lateinische Bezeichnung „allium“ zurückzuführen. Daheim gab es oft Quellmänn mot Öllechszauß (Pellkartoffeln mit Zwiebelsoße) als Abendessen, sehr beliebt bei den Erwachsenen. Häufig angewandt war die Frage: wievill Öllech oß et (wie viel Uhr, wie spät ist es). Das bezog sich auf die zur Zeit unserer Eltern moderne zwiebelartige Gehäuseform der Taschenuhren, die 400 Jahre zuvor Peter Henlein in Nürnberg erfand. Ohm Mattes besaß ein solches Teischenöllech (Taschenzwiebel). Die mundartliche Eifeler Zwiebel war geschlechtslos: Das Öllech. Einen Schelm, der seine Mitmenschen gerne „veräppelt,“ (siehe: Dollschlaach) bezeichnete man früher auch als jeckich Öllech.
Öllechspiefe Die wörtliche Übersetzung müsste „Zwiebelpfeifen“ lauten, ein Begriff, mit dem eigentlich wenig anzufangen ist. Bei uns allerdings sind Öllechspiefe ein alltäglicher Begriff, bezeichnen sie doch die langen grünen Röhrenblätter der Zwiebel. Das Öllech ist bekanntlich die Zwiebel, unser Standardgewürz, und mit Pief bezeichnen wir, neben der eigentlichen Tabakspfeife, auch Röhren oder röhrenförmige Gegenstände. Damit sind wir in bester Gesellschaft: Pipe heißt die Röhre auf English, und Pijp sagen unsere holländischen Nachbarn, ein weltweit geläufiger Begriff ist die Pipeline. Laut Statistik verzehrt angeblich jeder Deutsche sechs Kilo Öllech im Jahr, da bin ich wohl die Ausnahme, welche die Regel bestätigt: Mein ganzes Leben lang – und das sind immerhin bis heute 81 Jahre – habe ich kein Öllech und damit auch keine Öllechspiefe gemocht, das Knirschen beim Draufbeißen und der scharfe Geschmack sind mir zuwider. Und doch gab es daheim kaum eine Mahlzeit ohne Zwiebeln, unsere Jött ging beim Kochen sehr großzügig damit um: Öllech hatten wir in rauhen Mengen, im Garten gab es immer ein ansehnliches Beet, auf dem fast ganzjährig die prächtigsten Öllechspiefe sprossen. Die wurden klein geschnippelt und kamen in oder an fast jedes Gericht, ob es nun der Festtagsbraten war, eingelegte Heringe, Jrompereschloot (Kartoffelsalat), Fleischsuppe oder Klatschkäs (Quark). Unter ständigem Protest der Erwachsenen, trotzdem aber beharrlich, tat ich die Öllechkringele und Piefeschnippele aus meiner Suppe auf Mutters Teller, trotz der eisernen Regel „Et wiëd jejeiße wat op dr Desch kött“ (Es wird gegessen, was auf den Tisch kommt). Mein häufiges „Dat well ech net“ (Das mag ich nicht) wurde zwar normalerweise ignoriert, doch war mir das im Fall der Öllechspiefe einfach egal. Ein etwas hintergründiges und gehässiges Zitat sei hier angefügt: „Frisst der Bauer Kohl und Zwiebel, wird sogar den Schweinen übel.“
Ollich Ein veraltetes Wort für „Öl,“ wobei der holländische Ausdruck „Olie“ offensichtlich Pate gestanden hat. Heute ist allgemein Ööl (hartes ö wie bei „Köln“) gebräuchlich. Ollich stand für Schmier- und Brennöl ebenso wie für Speiseöl. Wehe uns Kindern, wenn wir mit einem Ollichsflecke aan dr Botz (Ölfleck an der Hose) nach Hause kamen! Unsere Jött besaß noch eins jener gemütlichen alten Ollichslämpcher (Öllichter) in Schiffchenform aus Porzellan, die heute in moderner Gestalt wieder „in“ sind. Als wir im Krieg keinen elektrischen Strom mehr hatten, kam die gute alte Stejnollichslüech (Petroleumlampe) wieder zur Geltung. Die alte Ölmühle in Ahrhütte war weit und breit als Ollichsmüll ein Begriff, den Ölmüller nannte man Ollichschläjer. Aus dem Beruf ergab sich oft auch der Familienname, einer meiner früheren Bahnkollegen hieß Heinrich Olligschläger. Und das Ölkännchen zum Schmieren von Landmaschinen und Wagenrädern war die Ollichsmöüt. Zum Backen und Braten wurde Köchenollich (Küchenöl = Speiseöl) gebraucht, das zapfte der Dorfkrämer aus dem Kanister ab, die gängige Portion war ein halber Liter. Die Ollichsflasch stand im Köcheschaaf (Schrank), sie war stets etwas klebrig von Ölresten, ich berührte sie nur mit Widerwillen.
öm- on aandohn Ein Wort für „umziehen“ im Sinne von Kleiderwechsel gibt es im Dörfer Platt eigentlich nicht, es sei den ömzeeje, was aber ausschließlich den Wohnungswechsel beschreibt. Selten angewandt wird sech ömdohn, was wörtlich „sich umtun“ bedeutet. Wenn der Blangemerdörfer seine Kleidung wechselt, sagt er in aller Regel Ech dohn mech öm on aan und das heißt wörtlich „ich tue mich um und an.“ Wenn es sich allerdings um einen Umhang oder ähnliches handelt, heißt es beispielsweise: Et sitt noo Rään üß, ech dohn mir am beste dr Mantel öm (Es sieht nach Regen aus, ich hänge mir am besten den Mantel um). „Zieh dich warm an“ wird bei uns mit dohn dir jät öm umschrieben. Aus meiner Gymnasiumszeit klingen mir noch Mutters ständige Worte im Ohr, wenn ich im Heumond (Heumonat, Juli) gegen 14,30 Uhr von der Schule kam und mich über das warmgehaltene Mittagessen her machte: Nu maach vüeraan, dohn dech öm on aan on dann jö en et Heu (Beeile dich, zieh dich um und dann ab ins Heumachen). Für den Kirmesball machte sich früher die Eifelerin besonders staats (fein, schick), bei Drinche dauerte das mal wieder eine Ewigkeit und Mattes, dem das Warten zu lang wurde, meinte ärgerlich: Bos du dech öm- on aan jedohn häß, os die Kirmes eröm. Und unser früherer Gastwirt Krämesch Pitter, der damals neben seiner Gaststätte auch noch Landwirtschaft besaß, meinte abends zum Feierabend: Ech jenn jäng de Söü noch on dann dohn ech mech öm on aan (de Söü jenn = den Schweinen geben, füttern).
Ombere (kurzes weiches o) Eifeler Wort für die Himbeeren. Wildwachsende Himbeeren siedelten sich häufig auf sonnigen Kahlschlägen an, wo sie beim Aufforsten und späteren Freischneiden der Pflanzen recht hinderlich waren. Die relativ winzigen Wildfrüchte waren zwar mühsam zu sammeln, dafür aber an Wohlgeschmack und Aroma nicht zu übertreffen. Omberesaff (Saft) aus selbstgepflückten Waldhimbeeren war eine Köstlichkeit, unsere Jött stellte ihn daheim selber her (siehe: Preßsack). Wir Pänz zogen sommertags in den Wald und schlugen uns den Bauch voll duftender Ombere. Von der Hand in den Mund, direkt vom Strauch, ungewaschen und unsortiert, - heute wäre davon abzuraten. Kein Mensch ist damals durch selbstgepflückte Ombere krank geworden, auch nicht durch die millimetergroßen Würmchen (Maden) des Himbeerkäfers, die nicht immer entdeckt und also mit verspeist wurden. Das Untersuchen jeder einzelnen Beere war auch viel zu aufwendig: Davon wurde man nicht satt. Beim Sammeln von Ombere gerieten wir nicht selten an ein im dichten Geranke verstecktes Wespennest und mussten schleunigst den Rückzug antreten. Manchmal wurden wir gestochen, doch das war belanglos und gehörte zum Ombereplöcke (Pflücken) dazu. Übrigens: Vor ein paar Tagen (August 2015) stach mich eine Hornisse. Es tat ein paar Stunden lang weh, dann juckte es drei Tage, danach war die Sache vergessen.
Ömlöüfer Zu meiner Kinderzeit beobachtete ich ziemlich oft bei älteren Leuten aus dem Ort seltsam verwachsene oder verkrüppelte Fingernägel, die manchmal wie Krallen aussahen und mir geradezu unheimlich waren. Das waren Folgeerscheinungen einer nicht oder nicht fachgerecht behandelten Nagelbettentzündung, die wir Ömlöüfer (Umläufer) nannten und die auch heute der Arzt als „Umlauf“ bezeichnet. Bei der rauhen Bauernarbeit blieben Verletzungen des Nagelumfeldes nicht aus, den Leuten fehlte aber das Geld für den Arzt, außerdem lief man nicht gleich wegen jedem Wiehche (Wehwehchen) zum Dokter. Die Entzündung heilte nach längerer Zeit von selber ab, der Nagel aber blieb verkrüppelt. Auch wir Kinder wurden gelegentlich vom Ömlöüfer heimgesucht, das vorderste Fingerglied wurde dick und rot und schmerzte fürchterlich. Deshalb aber etwa der Schule fernbleiben, das war undenkbar. Daheim mussten wir den wehen Finger stundenlang in Kamillentee bähe (baden), das machte die Haut weich, für die Schule wurde schwazz Sejf (schwarze Seife = Schmierseife) aufgetragen und ein Leinenstreifen drum gewickelt. Die Schulkameraden lästerten zwar: Häste e krank Läppchen öm dr jesone Fonger (Hast du einen kranken Verband um den gesunden Finger), das Hausmittel half aber, die Schmierseife „zog“ den Eiter aus der Wunde und sobald der „draußen“ war, war auch die jeftich Peng (böse Schmerzen) verschwunden. Schwazz Sejf und essigsaure Tonerde waren geradezu wundersame Huusmettelcher (Hausmittel).
Ömmes (weiches ö) Eine Umschreibung für eine ungewöhnlich große und stattliche Person, ein Tier oder ganz allgemein einen riesenhaften Gegenstand (vgl. Kabänes). Gleichartige Bezeichnungen sind Lüppes, Orchi, Jonny, Kaventsmann, Frengel, Wampes. Bei der Kartoffelernte 2012 kamen beispielsweise in unserem Garten janz schön Ömmesse zutage, und der Nachbar kommentierte begeistert: Wat Männ, wat Lüppesse. Ein enorm dicker Mensch ist ein onfassöngelicher Wampes oder einfach ein Fettwampes, ein dicker Knüppel ist ein Frengel. Willi fand beim Kühehüten einen kopfgroßen Riesenbovist und präsentierte daheim stolz seinen Fund: Mam, kick ens, wat ene Orchi, und Mam lobte: Jung, esu ene Kabänes han ech noch net jesehn. Jonny und Orchi sind mehr oder weniger zeitgemäße Modewörter, die man früher nicht kannte. Ein knorriges Brennholzstück beispielsweise war früher e fraggich Loder, heute ist es ene zähe Jonny. Das Wörtchen Ömmes erinnert unwillkürlich an den fast gleichlautenden Begriff Mömmes, steht aber damit in keinem Zusammenhang, es sei denn in der Formulierung Ene Ömmes van enem Mömmes. Der Mömmes nämlich ist das unappetitliche und „fiese“ Produkt der Nasenschleimhaut.
Ömschlaach Ein Wort mit mehrfacher Bedeutung analog zum Hochdeutschen: Umschlag. Bis in die 1950er Jahren waren Ömschlääch (Umschläge) an den Hosenbeinen modern, die Ränder waren etwa drei bis vier Zentimeter breit nach oben umgeschlagen und wurden daher in der Fachsprache eher als „Aufschläge“ bezeichnet. Die Hosenbeine waren breiter, die Bügelfalte musste korrekt in der Mitte liegen und den Ömschlaach akkurat mit einbeziehen, darauf legten wir Halbwüchsige Wert. Als dann enge Hosenbeine ohne Umschlag in Mode kamen, habe ich mich als einer von Wenigen lange Zeit dagegen gesträubt, wurde als „altmodisch“ abgestempelt und musste mich schließlich der neuen Mode beugen. Ein weiterer Ömschlaach war und ist die Briefhülle, deren französische Bezeichnung „Kuvert“ sich aber seit der Franzosenzeit bei uns eingebürgert und gehalten hat. Einen Ömschlaach aus stabilem Papier gegen Abnutzung und Beschädigung erhielten unabdingbar alle unsere Schulbücher, auch wenn uns das meist braune „Packpapier“ nicht gefiel. Auch in Omas Hausmedizin gab es früher Ömschlääch, unter anderem den Quellmänn-Ömschlaach mit heißen Pellkartoffeln auf der Brust bei hartnäckigem Husten. Und wenn sich nach längerem Sonnenschein plötzlich Regen einstellt, so reden wir von einem Wedderömschlaach (Wetterumschlag).
onjeläje Das Gegenteil von „gelegen“ (angenehm) ist „ungelegen,“ im Dörfer Dialekt onjeläje, und das bedeutet dann soviel wie „unangenehm, unpassend, störend, lästig, zur Unzeit.“ Eine Redewendung besagt „Unverhofft kommt oft“ und dasselbe ist auf onjeläje anwendbar. Da war beispielsweise die Bauersfrau gerade so richtig intensiv mit dem Kirmesback (Backen vor der Kirmes) beschäftigt, als plötzlich Tant Marie aus Köln mit Hut und Koffer in der Tür stand. Dieser Besuch kam unverhofft und mehr als zur Unzeit, und zu allem Überfluss hieß es dann auch noch scheinheilig: Ech komme doch net onjeläje? Unangemeldeter oder gar unwillkommener Besuch wurde gelegentlich kurzerhand vor die Tatsache gestellt: Du köß für et Mettecheiße ze spät on für dr Kaffee ze fröh (Du kommst fürs Mittagessen zu spät und für den Nachmittagskaffee zu früh). Das war dann ziemlich deutlich, fand aber beim hartnäckigen Besuch wenig Beachtung. Wenn mitten im Brass (Arbeit), beispielsweise bei der Feldbestellung, eine unserer Gespannkühe eine Plätt (Hufplatte) verlor und in die Schmiede musste, wetterte Ohm Mattes: Dunnerkiel, ene janze Daach verlore, onjeläjener konnt et jar net komme. Einen ganzen Tag verloren, – die Schmiede war in Waldorf. Onjeläje fand auch im Bauwesen Anwendung. Wenn sich beispielsweise die Hanglage als ungünstig für den Bau einer Feldscheune erwies, war die Stell für en Feldschüer onjeläje.
onjenüüßelich Onjenüüßelich bedeutet „habgierig, raffsüchtig, ungenügsam“ (siehe: nüüß). Ein onjenüüßelicher Mensch ist nicht leicht zufrieden zu stellen, er will immer noch mehr, er kret dr Hals net voll (wörtlich: Er kriegt den Hals nicht voll). Wenn besonders leckeres Essen auf den Tisch kam, packten wir Kinder unseren Teller huppevoll (gehäuft voll) und Mam schimpfte: Bos net esu onjenüüßelich (Sei nicht so habgierig). Das war meistens berechtigt, denn nicht selten hatten wir de Oore jruëßer wie dr Buch (die Augen größer als den Bauch) und auf unserem Teller blieben Uëze (Reste) zurück. Wenn wir dann zu viel und zu hastig gegessen hatten und über Buchpeng (Bauchweh) klagten, hieß es unnachsichtig: Dat kött van denger Onjenüüßelichkejt. In die Kategorie onjenüüßelich gehört auch der Begriff „Raffzahn,“ der bei uns Raafzannt heißt (siehe: raafe). Beide sind sie unangenehme Zeitgenossen: Der Raafzannt und der Onjenüüßer sind Egoisten, die dem Mitmenschen nicht et Schwazze onner dem Fongernool (das Schwarze unter dem Fingernagel) gönnen. Auch Tiere können manchmal onjenüüßelich sein und kämpfen an der Futterstelle um die besten Happen. Die Tiere handeln unterdessen aus natürlichem Hungertrieb, beim Menschen ist blanke Habgier die Triebfeder.
Onkrutt Ein Beet voller Unkraut, das die Nutzpflanzen überwuchert und beeinträchtigt, kann den Kleingärtner sehr wohl zur Verzweiflung treiben. Et Jesööms verdrüch om Halem, äwwer et Onkrutt os net kapott ze kreje (Das Gesäte – die Nutzpflanzen – vertrocknet auf dem Halm, aber das Unkraut ist nicht kaputt zu kriegen) wettert mancher Bauersmann angesichts wuchernder Miere und Quecken in seinem Kornfeld. Et Krütt wääß noch ens wie jeck (ungewöhnlich wucherndes Unkraut) ärgerte sich seinerzeit unser Mitbürger Krämesch Pitter, – bei uns sagt man Krütt anstelle des allgemein üblichen Onkrutt. Freilich sind Quegge (Quecken) im Saatfeld, Blangemer (Wiesendisteln) im Heu und Maischädem (Giersch) im Gartenbeet Grund genug zum Ärger, es gibt aber auch nützliches und sogar heilsames Onkrutt. Als Beispiel sei nur die Bröhneißel (Brennessel) genannt, die eine ganze „Apotheke“ in sich birgt, die uns ein wohlschmeckendes und gesundes Gemüse liefert, und die nicht zuletzt lebenswichtig unter anderem für unsere schönsten Schmetterlinge ist. Manche Zeitgenossen sind davon überzeugt, dass sich Blumen und Nutzpflanzen wohlfühlen, wenn der Mensch liebevoll zu ihnen spricht. Ein Eifelbauer, dem dies zu Ohren kam, schmunzelte zufrieden: Oh, dat os äwwer fein, dann john ech jetz en dr Jaade on schänne mom Onkrutt (…dann gehe ich jetzt in den Garten und schimpfe mit dem Unkraut).
onne (weiches o) In den meisten Ortschaften unserer Gemeinde Blankenheim ist önne als Ausdruck für „unten“ gebräuchlich, schon bei uns in Nonnenbach war onne früher nicht üblich. Unser Nachbarhaus, der alte Schlemmers Hof, lag geländemäßig unterhalb unseres Anwesens, wir sagten also Önne Schlemmesch (Unten Schlemmers) im Gegensatz zu Henne Schlemmesch (Hinten Schlemmers), weil dieses Haus lagemäßig hinter meinem Elternhaus stand. Onne ist für uns auch in der Kartographie ein Begriff: Auf der Landkarte ist Süden immer „unten,“ wer in diese Richtung fährt, der reist immer eraff (hinunter), beispielsweise onne noo Bayern, weil dieses Land „unten“ auf der Deutschlandkarte liegt. Dabei reisen wir tatsächlich ins Gebirge, erop noo Bayern wäre richtiger. Das genaue Gegenteil ist bei Norddeutschland der Fall. „Jedes Böhnchen gibt ein Tönchen“ besagt ein uraltes Wort zum den Verzehr von Hülsenfrüchten, ein ähnlicher Spruch besagt: Wä Bonne iß, krett onne on owwe dr Hoos (Wer Bohnen isst, der hustet unten und oben). Eine Art Kraftausdruck, der im Hochdeutschen gleichermaßen lautet, ist Owwe hui, onne pfui als Missfallensäußerung bei Scheinheiligkeit. Im Bauernhaus galt eine ganz bestimmte Tischordnung bei den Mahlzeiten: Am Koppenn (Kopfende) saß der Hausherr, zu beiden Seiten die übrigen Erwachsenen, und janz onne am önneschte Enn (am untersten Ende) die Kinder. Früher vermied man nach Möglichkeit die namentliche Erwähnung von Unterleib und Genitalien und benutzte eine Umschreibung: Do onneneröm (Da untenherum).
onner (weiches o) Das Verhältniswort „unter“ wird in unserem Dialekt zu onner und regional auch zu önner (siehe onne). Aus der Vielzahl von Anwendungsmöglichkeiten hier ein paar Beispiele: Der Polier am Bau hat zehn Löck onner sech, und onner denne os ejn schwazz Schoof (ein schwarzes Schaf). Onner os jesood (Unter uns gesagt) bedeutet eine vertrauliche Mitteilung, und onner et Volek john heißt, sich der Öffentlichkeit zeigen. Ejnem jätt onner de Nas rieve kann böse Folgen nach sich ziehen, und de Fööß onner dr Desch stelle tut man als Gast im fremden Haus. Wer sich die Gunst seines Vorgesetzten verscherzt hat, der ist onne durch, und du schlejß och onner dr Hand op (du schlägst auch unter der Hand auf) beschwert sich der Thekengast beim Wirt, wenn das Bier mal wieder teurer geworden ist. Bei drohendem Gewitter gelang es dem Bauern längst nicht immer, die Fuhre Heu noch rechtzeitig onner Daach (unter Dach) zu bringen. Ein freundschaftliches Verhältnis wird oft umschrieben: Die verkiehre vell onnerenanner, und bei uns daheim gab es häufig Suëre Kappes önnerenanner (Sauerkraut mit gestampften Kartoffeln gemischt) auf dem Mittagstisch. Im vorgerückten Alter lernt der Senior rasch die Vorteile der in der Jugend verachteten lang Onnerbotz (lange Unterhose) schätzen, und das geliebte Auto bezeichnen wir gelegentlich etwas abwertend als fahrbare Onnersatz. Da fragte mich kürzlich ein Bekannter nach dem Onnerschied (Unterschied) zwischen einem Telefonhörer und einem Politiker. Ich wusste keine Antwort und er meinte: Dä Hörer kannste ophange, wennde dech verwählt häß (Den Hörer kannst du aufhängen, wenn du dich verwählt hast).
onnerstohn (hartes o) Onnerstand dech on komm hejm! (Untersteh dich und komm nach Haus) Ich hatte eins unserer Hühner „erlegt,“ die dauernd auf das frisch gesäte Gartenbeet gerieten, und ergriff die Flucht, als Vater drohend ein Stück Dachlatte schwang. Onnerstohn bedeutet „unterstehen, wagen, sich trauen, sich herausnehmen,“ und wird meistens als Aufforderung gebraucht, etwas nicht oder nicht mehr zu tun. Dahinter steht dann in der Regel eine massive Drohung. In meinem oben erwähnten Fall kam ich übrigens glimpflich davon: Das „erlegte“ Huhn war nicht tot, nur ein wenig betäubt. Bei unserer Jött daheim ging es rabiater zu: Onnerstand dech on jangk mir noch ens aan de Knüetschele (Wage es nicht, nochmals Johannisbeeren zu stibitzen) legte sie mir nahe, und als sie mich später doch wieder erwischte, setzte es die berüchtigten Uhrwatsche (Ohrfeigen, die nach zwei Minuten vergessen waren). Mr onnerstejt sech doch höck net mieh, allejn övver de Strooß ze john (Man wagt sich heute nicht mehr allein über Straße zu gehen) lautet eine oft geäußerte Beschwerde älterer Mitbürger angesichts des starken Verkehrs. Dem Büroleiter waren zehn Mitarbeiter onnerstallt (unterstellt) und von denen hät sich net ejner onnerstanne, Widderwoët ze jenn (keiner hat zu widersprechen gewagt).
Ooche (hartes o) Unverkennbar unser Wort für die Kaiserstadt Aachen, die bis zum 01. August 1972 Sitz unserer Bezirksregierung unter Leitung von Josef Effertz war. Während wir den Stadtnamen mit gedehntem hartem o aussprechen (Beispiel: Wooch = Waage), sagt der Aachener selber Oche, analog dazu ist der Ööcher (Aachener) in seiner Heimat ein Öcher. Aachen ist Sitz des für uns zuständigen Landgerichts, wenn es früher zwischen Dorfbewohnern ernsthafte Streitigkeiten gab, drohte man sich gegenseitig: Ech lossen die Saach noo Ooche john (Die Sache geht nach Aachen). Damit war dann schon „massives Geschütz aufgefahren,“ im Fall einer „normalen“ Anzeige hieß die Drohung Ech john wegger (Ich gehe weiter). Das Marken- und Erkennungszeichen der Aachener war und ist der Klenkes (der kleine Finger der rechten Hand). Mit diesem Finger „klinkten“ die Arbeiter in der Aachener Nadelproduktion die schadhaften Exemplare vom Fließband herunter, daher der Name. Musik in unseren Ohren ist der Öcher Dialekt, zum Beispiel „Et Höngche“ (das Hündchen) aus der Feder des Alsdorfer Heimatdichters Hein Küsters. Das Gedicht beginnt: Et Höngche van de Tant worr krank on kruffet (kroch) dörch et Zemmer, et Höngche hau ene fulle Zank (hatte einen faulen Zahn) on dä wuued emmer schlemmer… Im echten Öcher Singsang vorgetragen, ist das vierstrophige Gedicht ein Ohrwurm.
oorschädich Eine konkrete Definition des Wortes ist schwer, am ehesten passt „schadenfroh,“ aber auch „missgünstig, neidisch, gehässig“ kommen in Frage, wobei statt „neidisch“ meistens neggich(weiches e) angewandt wird. Et jitt kej jruëßer Lejd als wat mr sech selever aandejt (wörtlich: Es gibt kein größeres Leid als was man sich selber antut) lästerte Nies (Agnes) über die unglückliche Nachbarin Klörche (Klara), die den vollen Melkeimer umgestoßen hatte und jetzt wütend konterte: Du wors ad emmer e oorschädich Fraumensch, du solls dech jät schame (Du warst schon immer gehässig, du solltest dich schämen). Wenig später hatte Klörcche dann selber Grund zum Lachen, als Nies im Hof stolperte und sich mitten in einen frischen Kuhfladen setzte: Dat schad dir nix, dat os für deng Oorschädichkejt (Geschieht dir recht, das ist die Strafe für deine Schadenfreude). Ein missgünstiger Zeitgenosse, der seine Mitmenschen ob jeder Kleinigkeit beneidet, ist im Dorf als oorschädije Hond unbeliebt. Beim Dilldopp schmecke (siehe: Dilldopp) geriet der Kreisel des Nachbarjungen aus der Bahn und zerdepperte eine Scheibe im elterlichen Küchenfenster. Mein Gelächter rief den Vater des Unglücksraben auf den Plan: Du oorschädije Kreppebesser, maach dech hejm on komm mir net mieh noch ens en et Huus (Du gehässiger Krippenbeißer, scher dich heim und komm mir nie wieder ins Haus). Lange Zeit durfte der Schulkamerad aus dem Nachbarhaus nicht mehr mit mir spielen.
Oovend ( hartes o) Der Eifeler Oovend war und ist der hochdeutsche „Abend“. Hier zeigt sich wieder einmal die „Verwandtschaft“ der Eifeler Mundart mit der holländischen Sprache, unsere Nachbarn nämlich sagen „Avond“. Ich hatte ein paar Pflaumen stibitzt, wurde von Jött erwischt und ging stiften. Komm du mir denoovend hejm, wurde mir Bedrohliches in Aussicht gestellt. Denoovend ist ein Kurzwort für „heute Abend,“ die Holländer kennen mit „vanavond“ die gleiche Abkürzung. Oovendschööfjer schloofe jähr (Abendschäfchen schlafen gern) lautete eine alte Bauernregel. Damit war gesagt, dass viele kleine Wölkchen am Abendhimmel einen sonnigen nächsten Tag ankündigen. Das Gegenstück ist Morjeschööfjer pisse jähr und das besagt, dass Schäfchenwolken am Morgen auf einen regnerischen Nachmittag hindeuten. Wieder einmal kam Mattes zu später Nachtstunde vom Stammtisch nach Hause und Drinche machte ihrem Ärger endlich einmal Luft: Moß du ejentlich onbedengk jeden Oovend esu spät üß dr Kneip hejm komme (Musst du eigentlich unbedingt jeden Abend so spät aus der Kneipe kommen), worauf Mattes lapidar erklärte: Enää, dat dohn ech freiwillich (Nein, das tue ich freiwillig). Der Gruß „Guten Abend“ lautete früher bei uns Jooden Oovend oder abgekürzt Noovend, was unterdessen auch in unserer Standardsprache üblich ist: „Nabend,“ und das wiederum müsste richtiger N´Abend geschrieben werden.
opbloose (hartes Doppel-o) Die hochdeutsche Übersetzung ist „aufblasen“ und beschreibt das Aufblähen einer Hülle durch Einpumpen von Luft (Lexikon). Früher wurde beispielsweise bei der Hausschlachtung die Söüsbloos (Schweinsblase) aufgeblasen, getrocknet und zum Tabaksbeutel umfunktioniert. Daraus ergibt sich ein Wortspiel: Bloos bloß die Bloos richtich op (Blase bloß die Blase richtig auf). Anstelle einer ablehnenden Antwort kannten unsere Eltern den Ausdruck bloos du mech em Höit, was wörtlich „blas du mich im Kopf“ heißt und eine Umschreibung des bekannten Götzzitats ist. Eine andere Redewendung mit der gleichen Bedeutung ist bloos du dir jät (blas du dir etwas). Bloos dech net esu op ist ein empfindlicher Dämpfer für einen Aufschneider und Angeber. Luftballons aufblasen war für uns daheim ein Kinderspaß. In den Kriegs- und Nachkriegsjahren waren Luftballons eine Rarität, es gab sie für uns bestenfalls an der Kirmesbude in Blankenheim. Da staunten wir, als die Amis kamen, die nämlich hatten massenhaft aufgeblasene weiße Luftballons mit einem ulkigen und seltsamen Zibbel (Zipfel) an ihre Jeeps gebunden. Ein Soldat schenkte mir gleich eine ganze Handvoll dieser weißen Zipfelmänner, die ich stolz nach Haus trug. Kaum wurde Mam meiner ansichtig, als mir völlig überraschend das Soldatengeschenk aus der Hand gerissen und brutal zerfetzt wurde: Esu e Sauzeuch brengste mir net noch ens hejm (So ein Sauzeug bringst du mir nicht noch einmal heim). Sauzeug? Ich verstand die Welt nicht mehr, es waren doch Luftballons und die Amis hatten sie am Auto flattern! Ich war damals gerade zehn Jahre alt.
Op dr Krues Ortsübliche Flurbezeichnung für das Gelände rechts der Straße „Auf der Krues“ in Richtung „Hochstein.“ Die offizielle Bezeichnung ist „Auf der Kraus,“ Krues wird Kruuß gesprochen. Hier, fast am höchsten Punkt der Dörfer Flur, stand früher der Hochbehälter der örtlichen Wasserversorgung, hieraus leitete sich am Wasserbassäng (Bassin) als weiterer Flurname ab. Das Bauwerk verschwand mit der Inbetriebnahme des zentralen Hochbehälters im Waldbereich Geißhausen. Die alte Dörfer Wasserversorgung war eine Rarität, von der leider nur noch die vergammelte „Lambach-Pumpe“ im unteren Haubachtal übrig geblieben ist. Die Lambach-Anlage bedurfte keiner Fremdenergie, sie wurde durch das zuströmende Wasser in Betrieb gehalten. Der Dörfer Geschichts- und Kulturverein (DGKV) versuchte vor Jahren eine Restaurierung der Lambach-Anlage, leider blieb es bisher (2014) beim Versuch. Am 04. September 1999 errichtete der DGKV auf dem gemeindeeigenen Grundstück des Hochbehälters auf der Krues, eine so genannte „Thüringer Bank,“ eine überdachte Tisch-Bänke-Kombination, die längst zum beliebten Aussichtspunkt geworden ist. Von hier ist unter anderem das Feuerwerk beim Blankenheimer Seenachtsfest hervorragend zu beobachten. Etwas weiter in Richtung Maar liegt im Flurbereich „Heiligenheck“ der mit 584 Meter über NN höchste Punkt von Blankenheimerdorf, ortsüblich Et Kneppche (Hügel, Geländeerhöhung, auch Knopp) genannt.
op Jang Regional sagt man auch op Jank, beides heißt übersetzt „auf Gang“ und hat verschiedene Anwendungsbereiche. Von einem Morgenmuffel wird beispielsweise behauptet, dass er spät op Jang kommt. Mit zunehmendem Alter bruch mr ad jät mieh Zitt für op Jang ze konn (braucht man mehr Zeit um munter zu werden) und nach einer feuchtfröhlichen Nacht klagt morgens der Zecher: Ech wejß jarnet richtich op Jang ze konn (ich weiß gar nicht auf Trab zu kommen). Wenn der Nachbar nach längerem Lejje (Liegen = Krankheit) genesen war, wurde er bei der ersten Begegnung gefragt: Na Bäetes, boßte wier op Jang? (Na Albert, bist du wieder auf dem Damm). Und damit die Zeitungsleser rechtzeitig ihre Morgenlektüre bekamen, war Hahnebrochs Schäng, der Dörfer Zeitungsbote, frühmorgens em halever fönnef ad op Jang (um halb fünf schon unterwegs). Akustisch fast gleich klingend, aber von anderer Bedeutung, ist der Begriff om Jang, was wörtlich „auf dem Gang“ bedeutet. Wenn beispielsweise alle Angehörigen der Wandergruppe auf der gleichen Etage im Hotel übernachteten, hieß es am nächsten Tag: Mir han all om selbe Jang jeläje (gelegen). Bei uns daheim bezeichnete om Jang den kurzen Flur, auf den die Oëwenopstrapp (Treppe) mündete und von dem es in die Schlafzimmer und auf den Speicher ging.
op Jusch Die Jusch ist im Dörfer Sprachgebrauch ein langer dünner Stab oder Stecken, mehr oder weniger eine biegsame und geschmeidige Gerte. Die jungen Triebe der Noßheck (Nusshecke, Haselstrauch) sind gängige Jusche (Mehrzahl). Op Jusch ist unser Wort für „Auf Reisen, unterwegs, herumtreiben,“ im übertragenen Sinn für einen ruheloser Wanderer. Von uns Halbwüchsigen, die wir nachts Melkstühle, Gartentörchen und Hofbänke unter die Kastanie am Denkmalplatz schleppten, hieß es im Dorf, dass wir jeden Oovend op Jusch seien und nix wie Loderejen em Kopp (Nichtsnutzigkeiten im Kopf) hätten. „Männerfang“ war zu allen Zeiten das Hobby bestimmter Damen, von denen dann getuschelt wurde, dass sie op Jusch gingen. Der Handelsvertreter, der seiner Arbeit nachgeht, ist en dr Woch op Jusch und nur samstes on sonnes (samstags und sonntags) daheim. Ähnliche, aber weniger gebrauchte Ausdrücke sind op Jöck oder op Jösch. Während op Jusch in den meisten Fällen mit einem negativen Beigeschmack behaftet ist, bezeichnet op Jöck eher das positive Gegenteil. Wer sich beispielsweise herumtreibt und die Arbeit vernachlässigt, ist op Jusch, wer dagegen eine längere Urlaubsreise unternimmt, ist op Jöck.
oppasse Während seine Kameraden vor meinem Auto die Fahrbahn räumten, blieb ein etwa Zehnjähriger breitbeinig stehen und zwang mich zum Halten. Mein ärgerliches „Willst du überfahren werden?“ quittierte der Bengel grinsend: Paß op, Opa, wat du für mech sääß (Überleg dir, was du zu mir sagst). Oppasse bedeutet „aufpassen“ in zahllosen Anwendungsformen, hat aber unter anderem auch die Bedeutung von „auflauern.“ Dem passen ech jetz äwwer ens op hatte sich vor etwa 60 Jahren ein junger Blankenheimer geschworen, weil ich mein Cousinchen Christel Müllenmeister vom Kirmeszelt am Weiher bis zu ihrem Elternhaus om Dreesch (Auf dem Driesch, heute Nonnenbacher Weg) begleitete und er in mir in Unkenntnis unserer Verwandtschaft einen Rivalen sah. Am damaligen „Klösterchen“ sprang er hinter einem Gebüsch hervor und packte mich am Hals. Die Redewendung oppasse wie ene Spotzbov (aufpassen wie ein Spitzbube) war die Aufforderung unserer Eltern zu übervorsichtigem Handeln. Häßte wier net opjepass ereiferte sich unsere Jött bei der Durchsicht meiner Hausaufgaben. Spitz pass op war ein Gesellschaftsspiel, bei dem es auf schnelle Reaktion ankam, gespielt wurde mit einem normalen Kartenspiel oder mit Spielsteinen. Und häßte och opjepass war – und ist – in manchen Fällen eine bängliche Rückversicherung in unsicherer Situation.
öppere Ein heute nicht mehr gebräuchliches Wort für die Arbeit des Handlangers auf der Baustelle, „handlangern“ also. Unsere Dorfsenioren kennen den Ausdruck noch. Vielfach bedeutete öppere john auch „durch Gelegenheitsarbeiten ein paar Mark nebenbei verdienen.“ Im Kölner Raum war der Ausdruck oppere üblich und der lässt die Bedeutung des Wortes erkennen: Etwas op (hoch, in die Höhe) befördern. Am Bau öppere war Schwerarbeit zu einer Zeit, als Betonmischer und Lastenaufzüge beim Kleinunternehmer und erst recht beim privaten Häuslebauer noch unbekannt waren. Der Öpperer hatte dafür zu sorgen, dass dem Maurer ständig ausreichend Spies (Mörtel) und Blockstejn zur Verfügung standen. Spies wurde von Hand mit der Schaufel „angemacht“ und in den Spiesvurrel (Tragebehälter) in Schulterhöhe auf dem dreibeinigen Bock befördert, wo ihn der Öpperer aufnahm und zur Einsatzstelle trug. Ein gefüllter Vurrel wog gut und gerne 80 bis 100 Pfund, ein Bims-Hohlblockstein brachte um die 40 Pfund auf die Waage. Beides musste die Leiter hoch aufs Gerüst geschleppt werden, wo der Maurer schon ungeduldig S p i e s ! brüllte. Dem Öpperer schmerzte abends jedes einzelne Knöchelchen im Leib. Beim Umbau unseres Hauses war ich der Öpperer, ich weiß einigermaßen Bescheid.
opraafe Opraafe heißt wörtlich „aufraffen,“ wird aber in der Mundart allgemein für „aufheben“ in der Bedeutung von „etwas von der Erde aufheben, aufsammeln, auflesen“ gebraucht. Aufheben im Sinne von „hochheben“ heißt bei uns huhhewwe, und etwas zurücklegen oder aufbewahren bezeichnen wir als ophewwe oder verwahre. Ein typisches Beispiel für das Eifeler raafe findet sich bei der Kartoffelernte: Jrompere raafe. Der Ausdruck steht für das ganz normale Aufsammeln der Kartoffeln, nicht etwa für gieriges „Raffen.“ Früher war Ähre raafe ein Begriff: Auf den abgeernteten Korn- oder Weizenfeldern mussten wir Kinder die liegen gebliebenen Ähren aufsammeln. Das war auch auf fremden Äckern erlaubt, konnte aber durch Wehrrieser untersagt werden. Wenn ein Dorfbursche mit einer fremden Begleiterin in den Heimatort kam, die das Missfallen der Dorfbewohner erregte, hieß es hinter der Hand: Wo hätte sech die dann opjeraaf. Und von einem Kranken, der wieder genesen war, wurde gesagt: Dä hätt sech wier joot opjeraaf. Vereinzelt wird opraafe auch im übertragenen Sinn als „sich entschließen, aufraffen“ gebraucht: Nu övverlääch net mieh lang, raaf dech op on jangk mot (…raff dich auf und geh mit).
opröpsche (hartes ö) Das Wort verdeutlicht lautmalend das Geräusch, das mit der Tätigkeit opröpsche verbunden ist: Das „Rülpsen“ oder „Aufstoßen,“ in Dörfer Platt Rölepse oder Opstösse. Das Opröpsche nach dem Essen ist unfein und unanständig, früher soll es aber ein Zeichen für einen „zufriedenen Bauch“ gewesen sein. Wir kennen das Zitat „Warum rülpset und furzet ihr nicht, hat es euch nicht geschmacket,“ und das soll ausgerechnet Martin Luther in seinen „Tischreden“ gesagt habe. Diese Behauptung ist unterdessen nicht definitiv belegbar. Das Opröpsche ist mehr oder weniger eine „ärgerliche Reaktion“ des überfüllten Magens, eine unangenehme Situation, die auch verallgemeinert wird: Dat sall dir wahl noch fies opröpsche ist eine Drohung und bedeutet „Das wird du noch bereuen.“ Und wenn jemand „Mist gebaut“ hat und in Schwierigkeiten geriet, wird er auch noch gehänselt: Dat os dir äwwer janz schön opjeröpsch, wa! Wenn man einer Sache überdrüssig ist, macht man seinem Ärger gewöhnlich mit ech sen es jetz äwwer satt Luft, gelegentlich heißt es auch Jung, dat röpsch mir jetz äwwer op. Bei zu hastigem Essen „verschlucken“ wir meistens zu viel Luft, die dann beim Opröpsche wieder zurückgegeben wird und so den Magen entlastet. Manchmal gelingt es nicht, das Geräusch vollständig zu unterdrücken, und der Betroffene entschuldigt sich: Do hät menge Mare jrad danke jesood (Mein Magen hat danke gesagt), und der Angesprochne meint schmunzelnd: Dat os e jesond Zejche (Das ist ein gesundes Zeichen). Als gesundes Zeichen gilt auch das Entweichen von Luft durch den „hinteren Ausgang.“ Wem hier ein unverhofftes Missgeschick widerfährt, den tröstet man mit der Feststellung: „Wer so spricht, der lebt noch.“ Beim Kleinkind ist opröpsche eine lebensnotwendige Angelegenheit und Mutti hat keine Ruhe, bis Baby sein Bäuerchen gemacht hat.
opstands Et sen noch jät Riefkooche van demettech opstands, die kannste denoovend kalt eiße, stellte Mam (Mutter) nach dem Mittagessen in Aussicht. Opstands bedeutet „übrig“ oder auch „zusätzlich, obendrein.“ Es waren also noch Reibekuchen übrig, die bei uns auch „kalt“ durchaus beliebt waren: Vater verzehrte sie beispielsweise gerne als Brotbelag. Köbes kam vom Hillesheimer Viehmarkt zurück und verkündete zufrieden: Ech han für meng Blöm (Tiername) noch fuffzich Mark opstands jemääch, er hatte also für die Kuh 50 Mark mehr erhandelt als zu erwarten war. Vor Jahren auf dem Handwerkermarkt in Schleiden, ein wortgewandter Fleischermeister aus dem Euskirchener Raum verkaufte recht erfolgreich seine Wurstwaren, - ein Riesenpaket für 20 D-Mark. On hie kreßte noch en Flejschwuësch opstands drbej (Und hier kriegst du noch eine Fleischwurst zusätzlich) lachte er und reichte dem erstaunten Kunden eine handlange Fleischwurst zum Pauschalpaket mit dem Erfolg, dass sich gleich fünf oder sechs weitere Kunden meldeten. Seine Ware war übrigens Spitze, wie wir selber feststellten. Ich vermute, dass dieser clevere Wurstverkäufer nach Feierabend kein Stück mehr von seiner Ware opstands (übrig) hatte.
Övverlaach Ein ziemlich selten verwendetes Wort: Überlage. Meines Wissens wird es im Bauwesen gebraucht und bezeichnet eine besondere Form des oberen Abschlusses einer Maueröffnung, allgemein „Sturz“ genannt. Unsere mundartliche Övverlaach hat einen wesentlich andersartigen Hintergrund, ihre Bedeutung ist nur noch wenigen Senioren bekannt. Im Krieg und in den armen Jahren danach, war die Övverlaach als Ersatz- und Hilfsteil fürs Fahrrad in aller Munde. Der Drohtessel (Drahtesel) war das einzige Fortbewegungsmittel des kleinen Mannes, Ersatzteile, einen neuen Schlauch oder „Fahrradmantel“ beispielsweise, gab es nur auf dem Schwarzmarkt und zu unerschwinglichen Preisen. Wenn der Eifeler Fahrradmantel abgefahren war, brüchig wurde und sich der Schlauch durch den Riss zu quetschen drohte, schnitt man von einem alten „Mantel“ – weggeworfen wurde damals nichts – ein passendes Stück ab und legte es über die Schadstelle, wo es durch strammes Aufpumpen des Schlauchs in der Felge festgeklemmt wurde. Problematisch beim Zurechtschneiden der Övverlaach war das Durchtrennen des Stahldrahtes im Mantelwulst, das ging nur mit einem starken Kaltbejßel (Kaltmeißel, Hartmeißel). Die Övverlaach verursachte naturgemäß eine Unwucht des Rades und ein dauerndes Rumpeln beim Fahren, außerdem barg sie eine ziemliche Gefahr in sich: Die Handbremse des früheren Drahtesels griff mit dem Bremsblock auf den Vorderreifen, nicht etwa gegen die Felge. Wenn da, bei entsprechendem Fahrtempo, eine Övverlaach im „Bremsweg“ lag, kam es leicht zum „Kopfstand“ von Rad und Fahrer. Nach mehreren, zum Teil recht schmerzhaften Stürzen, wurde zwecks künftiger Vermeidung an unseren Fahrrädern die Handbremse demontiert.
Owwerliëch Noch bis in die 1960er Jahre besaß das gängige Eifeler Fenster ein Oberlicht, sozusagen einen dritten Flügel quer über den beiden senkrechten Hälften. In Vaters Schreinerwerkstatt wurden noch Owwerliëch-Fenstere hergestellt. Die einzelnen Flügel waren nochmals in kleine Abteilungen unterteilt, die Rütte oder Rutte genannt wurden. Das beeinträchtigte zwar den Lichteinlass, war aber vorteilhaft für den Fall, dass mal eine Scheibe zu Bruch ging, wenn etwa der Dilldopp (Kreisel) ins Fenster sauste: Der Schaden war gering, eine durchgehende Scheibe hätte viel mehr Geld gekostet. Das Owwerliëch diente vor allem der Belüftung, ich besitze heute noch ein paar Oberlicht-Beschläge, die ein zweistufiges Kippen ermöglichten: Zwei „Führungsschienen“ mit Arretierungen, die seitlich neben dem Owwerliëch an den Rahmen geschraubt wurden. Verriegelt wurde das Owwerliëch durch einen aufgeschraubten „Schnäpper“ ähnlich einem Türschnäpper. Den modernen Dreh-Kipp-Beschlag unserer Tage gab es damals noch nicht. Im Eifelhaus wurde selten gelüftet, wenn alle Jubeljahre einmal das Owwerliëch geöffnet werden sollte, gab es meistens Probleme: Durch mehrfaches Überstreichen mit dem üblichen weißen „Fensterlack“ waren die Beschläge dick verklebt und nur nach Abkratzen der Farbschicht zu öffnen. Oberlichter findet man heute noch über Haustüren oder als Lichtkuppeln in großen Hallen.
Owwersatz Die Übersetzung lautet „Obersatz“ oder „Übersatz,“ gemeint ist in jedem Fall die Orgelempore in der Eifeler Pfarrkirche, ganz allgemein auch eine Bühne oder Plattform über einem Versammlungsraum. Bei uns in Blankenheimerdorf nicht gebräuchlich war und ist der Ausdruck Ducksaal oder Ducksal, der heute noch regional im Schleidener Tal üblich ist. Bei uns war der Owwersatz in unserer Kirche früher nur über einen separaten Treppenaufgang von außen her erreichbar, inzwischen wurde der Aufgang ins Turminnere verlegt. Op dr Orjel (Auf der Orgel) lautete ein weiterer Begriff für die Empore, die generell das Reich unseres Küsters, Chorleiters und Organisten Karels Mechel (Michael Jentges) war. Außer ihm und seinem Kirchenchor hatte nur noch eine geringe Anzahl männlicher Kirchenbesucher Zutritt, die für ihren Orgelplatz jährlich eine kleine Pacht zu zahlen hatten. Meist waren es die Honoratioren des Dorfes, die sich einen Platz in einer der wenigen Orgelbänke sicherten. Zur Sonntagsandacht wagten auch wir Halbwüchsige uns gelegentlich auf den Owwersatz, was unterdessen dem Organisten wenig gefiel. Karels Mechel machte uns unmissverständlich klar: „Ich will hoffen, dass ihr bald in den Kirchenchor kommt, sonst ist für euch kein Platz mehr hier oben.“ Dabei ließ es sich so schön mit winzigen Steinchen über die Brüstung vom Owwersatz hinaus auf die Hüte der Damen unten im Kirchenschiff zielen!
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