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Die „Dörfer“ weihten ihr Bürgerhaus ein von Johannes Vossen
Es war ein ziemlich langer, mühsamer und streckenweise auch recht steiniger Weg von der Planung eines Bürgerhauses, über die Gründung des Bürgervereins und den selbstlosen Einsatz von mehr als 120 arbeitsfreudigen Dorfbewohnern, bis zur Vollendung der einladenden Gemeinschaftshalle an unserer früheren Bahnhofstraße, die heute „Vogelsang“ heißt und die bei der Häusertaufe zur Kirmes 2010 namensgebend für den Neubau war: „Vogelsang-Arena.“ Manchmal behält ein Gebäude den bei der Kirmestaufe verliehenen Namen, vielleicht also gibt es bei uns in 50 Jahren noch die Vogelsang-Arena.
Bedingt durch die nicht mehr gewährleistete Weiternutzung des Saals Friesen, war schon seit 1999 der Bau eines Gemeinschaftshauses wiederholt Beratungsgegenstand in den Tagungen des Vereinskartells. Als im Januar 2009 die Gemeinde Blankenheim einen ansehnlichen Betrag aus dem Konjunkturpaket II der Bundesregierung erhielt, kam sozusagen der Bürgerhaus-Stein ins Rollen. Bürgermeister Rolf Hartmann stellte 150.000 Euro aus besagtem Paket in Aussicht, die „Dörfer“ erklärten sich bereit, den Bau in Eigenregie zu übernehmen und damit die erforderliche Eigenleistung zu erbringen. Angesichts solcher Bereitschaft, tat der Bürgermeister nochmals einen Griff in die Konjunkturpaketkasse und erhöhte unter dem begeisterten Beifall der Zuhörer die Zuwendung für Blankenheimerdorf auf 165.000 Euro. Das war am 06. März 2009 im Landgasthof Cremer.
Ursprünglich war das neue Bürgerhaus als Anbau an das vorhandene Schulgebäude geplant. Gegen den damit verbundenen Abriss des Nebengebäudes an der Eppengasse, erhoben aber die Denkmalschützer Einspruch, also suchte und fand man in dem gemeindeeigenen Grundstück am Vogelsang einen neuen Standort. Darüber verging ein halbes Jahr, am 04. Dezember 2009 endlich konnte, wieder im Landgasthof Cremer, der Bürgerverein ins Leben gerufen werden. Der war als Träger des Bauvorhabens und der künftigen Bewirtschaftung des Bürgerhauses unerlässlich.
Jener Abend an „Krämesch“ ist noch bestens in Erinnerung. Mit 55 Anwesenden war die Versammlung gut besucht, 39 Privatpersonen und 11 Ortsvereine trugen sich spontan in die Mitgliederliste des zu gründenden Bürgervereins ein, der nunmehr einen Vorstand brauchte, um aktiv werden zu können. Wahlleiter Erwin Auel hatte zunächst ziemliche Mühe mit der Benennung von Kandidaten, niemand mochte den Anfang machen, schon gar nicht die Vorstandsführung übernehmen. Endlich ließ sich dann aber Tanja Möllengraf davon überzeugen, dass sie wie geschaffen für das Amt des Vereinsvorsitzenden sei. Ihre Stellvertreterin wurde Andrea Krug, als Geschäftsführer wurde Ludger Schneider gewählt, die Kassengeschäfte übernahm Stephan Klaes. Als ein Jahr später Andrea Krug ihr Amt aus beruflichen Gründen zur Verfügung stellte, wurde Thomas Steffens zu ihrem Nachfolger bestimmt.
Eine Frau an der Spitze des neuen Vereins, der obendrein auch noch von der ersten Minute an mit nicht alltäglichen Aufgaben konfrontiert war? Wenn es tatsächlich Skeptiker gegeben haben sollte, so wurden sie sehr rasch eines Besseren belehrt. Die gelernte Altenpflegerin und vierfache Mutter aus der Anno Santo-Siedlung und ihr Vorstandsteam haben ihre Aufgabe hervorragend gelöst und mit dem Bau des Bürgerhauses ihre „Feuerprobe“ meisterlich bestanden. Die Familie Möllengraf wohnt seit 1997 bei uns im Dorf, Tanja ist seit der Kommunalwahl 2009 UWV-Vertreterin im Gemeinderat Blankenheim und seit diesem Zeitpunkt auch Ortsvorsteherin von Blankenheimerdorf. Ihr Name ist heute untrennbar mit dem Bürgerhaus verbunden.
Der erste „Spatenstich“ zum neuen Gebäude erfolgte am 23. April 2010 genau um 16,48 Uhr. Da nämlich griff der Bagger des Unternehmens Balter aus Losheim zum ersten Mal ins Erdreich des früheren Kirmesplatzes am Vogelsang. Unser Webmaster Hejo Mies war mit der Kamera dabei, er hat im Übrigen den gesamten Werdegang des Bürgerhauses in Hunderten von Fotos festgehalten und archiviert (siehe Startseite - Bürgerhausbau).
Am 16. Juni 2010 war die Grundsteinlegung, ein denkwürdiger Tag für unser Dorf. Bei strahlendem Sonnenschein wurde gegen Abend auf der Baustelle ein wenig gefeiert, zahlreiche Dorfbewohner hatten sich eingefunden und auch der Bürgermeister war gekommen. Gemeinsam setzten die Ortsvorsteherin Tanja, ihr Amtsvorgänger Erwin Auel, Bürgermeister Rolf Hartmann und Herbert Surrey als Baufachmann, den rechten vorderen Eckstein des Neubaues als Grundstein, in dessen Höhlung eine aus Spezialstahl gefertigte Rohrkapsel eingemauert wurde. Diese „Zeitkapsel“ als Dokument für die Nachwelt enthält eine aktuelle Tageszeitung, eine Liste der Bauhelfer, ein paar Euro-Münzen, ein Fläschchen Schnaps und einen Rosenkranz. Der 16. Juni war ein Freudentag für die Bürgerhausbauer. Schon am 27. August 2010 wurde am Bürgerhaus der Richtbaum gesetzt. Die Kranzrede hielt Elmar Stoll, unterstützt von Tanja Möllengraf. Die Ortsvorsteherin erklomm zu diesem Zweck unter Aufbietung beachtlicher akrobatischer Fähigkeiten die Rednerempore. Dasselbe war der Fall, als am 08. November die jungen Leute vom Kirmesreih mit einer sehr zahlreichen „Taufgesellschaft“ erschienen, um das neue Bauwerk traditionsgemäß mit einem Kirmes-Taufnamen auszustatten und natürlich diese „Taufe“ gebührend zu begießen. Vom Baugerüst herab hieß die Ortsvorsteherin die Gesellschaft willkommen.
„Das Gröbste hätten wir geschafft,“ freuten sich Mitte 2011 die Dörfer Hallenbauer und hielten die Zeit für gekommen, sich bei den zahlreichen freiwilligen Helferinnen und Helfern für die geleistete Arbeit erkenntlich zu zeigen. Das geschah am 24. Juni in Gestalt eines „Helferfestes“ im nunmehr fast fertigen Bürgerhaus. Mehr als 5000 Arbeitsstunden waren nach den Worten von Tanja zu diesem Zeitpunkt abgeleistet worden, sie freute sich: „Jung und Alt hat an diesem Haus gemeinsam geschuftet und man konnte zusehen, wie es wuchs.“
Die Restarbeiten nahmen noch längere Zeit in Anspruch, immerhin konnten aber bereits mehrere Veranstaltungen im Neubau stattfinden, beispielsweise das 100-jährige Stiftungsfest der Feuerwehr, eine Rocknacht, das Adventssingen, der Seniorennachmittag und die Karnevalssitzungen. Am 07. Juli 2012 endlich war der lange herbeigesehnte Große Tag da: Bürgerhauseinweihung. Tage und Wochen hindurch hatte es geregnet, war es kühl und stürmisch. Wenn aber die „Dörfer“ ihr neues Gemeinschaftshaus offiziell einweihen, kann auch der Herr über Regen und Sonnenschein sich offiziell nicht ausschließen: Am 07. Juli war allerbestes und prächtigstes Sommerwetter. Nach einem gemeinsamen Gottesdienst in der Pfarrkirche bewegte sich ein imposanter Festzug mit Musikverein, Feuerwehr und Spielmannszug zum Bürgerhaus, dessen Halle unsere Landfrauen für den festlichen Anlass hervorragend dekoriert hatten. Der katholische Pfarrer Hans-Peter Meuser und sein evangelischer Kollege Christoph Cäsar nahmen gemeinsam die Einsegnung vor und stellten das neue Gebäude unter den Segen des Himmels.
In der gut besetzten Halle hieß die Ortsvorsteherin und Bürgervereinsvorsitzende die Gäste willkommen, unter ihnen die beiden Geistlichen sowie Bürgermeister, Landrat und Kartellvorstand. Seit der Gründung des Bürgervereins bis zum Einweihungstag, so hatte Tanja Möllengraf ausgerechnet, waren genau 946 Tage vergangen, „in mehr als 6000 Arbeitsstunden wurde das Werk vollbracht, dessen Einweihung wir heute feiern,“ freute sie sich und verband damit ihren Dank an jeden Einzelnen, der in irgend einer Form am Zustandekommen des Bürgerhauses beteiligt war. In den zurückliegenden Jahren der Planung, Baudurchführung und Belebung des Hauses hatte sie „zu meiner unsagbaren Freude miterleben dürfen, wie Dorfgemeinschaft funktionieren kann,“ meinte die Rednerin und stellte fest: „Groß ist die Zahl der Menschen, die dazu beigetragen haben, dass unser Dörfer Projekt so gut funktioniert hat.“ Ein wenig stolz und glücklich durfte sie an diesem Abend auf das gelungene Werk zurückschauen, bei dessen Entstehung sie selber der „Hans Dampf in allen Gassen“ gewesen war und dessen Gelingen ihr mehr als eine schlaflose Nacht bereitet hatte. Ihr unermüdlicher Einsatz fürs Bürgerhaus hat ihr die Anerkennung der Dorfbewohner eingetragen und deren Vertrauen in die Ortsvorsteherin gefestigt.
Das war selbst Bürgermeister Rolf Hartmann nicht verborgen geblieben, der nämlich stellte in seiner Ansprache anerkennend fest: “Liebe Frau Möllengraf, Sie haben als Ortsvorsteherin eine tolle Bürgerschaft hinter sich,“ und unter dem Beifall der Festbesucher fügte er galant hinzu: „Ist ja auch kein Wunder, bei d e r Ortsvorsteherin.“ Der Bürgermeister streifte in seiner Ansprache kurz den Werdegang des Bürgerhauses und meinte, die „Dörfer“ seien ja bekannt als Kritiker, sie seien aber ebenso bekannt dafür, dass sie anzupacken verstehen, das Bürgerhaus sei Beweis dafür. Sein Wunsch für die Zukunft: „ Jetzt liegt es an euch, etwas daraus zu machen, dass es dem Namen gerecht wird, nämlich eine Begegnungsstätte. Das Haus muss besucht werden und ich bin mir sicher es wird besucht werden und es werden viele gute Veranstaltungen hier im Bürgerhaus stattfinden.“
Dem Dank der Ortsvorsteherin an alle, die zum Gelingen des Projekts „Bürgerhaus“ irgendwie beigetragen hatten, schloss sich auch Erwin Auel im Namen des Vereinskartells an. Als stellvertretender Kartellchef freute er sich: „Endlich steht die so wichtige Einrichtung den Dörfer Bürgern nunmehr offiziell zur Verfügung. Die Dorfbevölkerung hat, als die Gelegenheit günstig war, mit vereinten Kräften zugepackt und für eine gedeihliche Entwicklung des Vereinslebens und der Jugendarbeit, aber auch für die unterschiedlichsten Veranstaltungen im Dorf, eine beispiellose Einrichtung geschaffen. Mögen von diesem Haus viele Impulse ausgehen auf unser dörfliches Zusammenleben, und mögen die damit verbundenen Erwartungen eintreten.“
Landrat Günter Rosenke bezog sich in seiner Ansprache auf Bilddokumentation des Bürgerhausbaues auf der Dörfer Homepage und hatte „…lachende und glückliche Menschen gefunden. Sie alle teilen das Gefühl einer außergewöhnlich engen Heimatverbundenheit. Sie alle haben unter Einsatz eigener Kraft, eigener Zeit und eigenen Geldes dafür gesorgt, dass i h r Bürgerhaus am 07. Juli eingeweiht werden kann.“ Im Vergleich zur Großstadt spiegelt sich nach den Worten des Landrats das dem Dorf eigene Wesen darin nieder, dass alle gemeinsam die Ärmel hochkrempeln und anpacken. Rosenke wörtlich: „Wo, wenn nicht in einer intakten Dorfgemeinschaft, ist denn schon die Bauphase eines Bürgerhauses ein Gemeinschaftserlebnis?“ Der Landrat fuhr fort: „Und darum ist das fertige Bürgerhaus in Blankenheimerdorf auch ein Symbol für ein Aufbäumen der Menschen hier in der Eifel gegen die Landflucht. Sie finden sich nicht einfach damit ab, dass von allen Seiten nur schwarz gemalt wird, dass es bald nur noch Senioren in der Eifel geben wird. Im Gegenteil, sie zeigen, wie jugendlich und attraktiv das Leben in dieser beschaulichen Gegend ist und wozu Eifeler Bürger in der Lage sind.“
In der Regel wird bei Einweihungen durch langwierige – und meist langweilige – Auszüge aus der Chronik der Werdegang des Bauwerks geschildert. Hier wichen die „Dörfer“ auf sehr angenehme Weise von der Regel ab. In einem 37-strophigen, von Peter Baales verfassten und auf die Melodie des Dörfer Kirmesliedes abgestimmten Gedichts, berichteten Tanja Möllengraf und Anja Leitner zusammen mit dem Gedichtautor, bei Gitarrenbegleitung in einem kurzweiligen Vortrag über die Entstehung des Bürgerhauses. Synchron dazu lief eine, von der Ortsvorsteherin gebastelte Power Point-Präsentation, für deren zeitliche Abstimmung mit dem Vortrag Möllengraf-Tochter Lara sorgte. In Text und Bild konnten die Besucher den Gesangsvortrag mit verfolgen.
Rechtzeitig zur Einweihung konnte noch ein großes Transparent an der Giebelseite des neuen Hauses, sowie ein „Firmenschild“ mit der Aufschrift „Bürgerhaus“ über dem Eingang, beschafft und montiert werden. Das Transparent zeigt als Motiv das blau-weiße Dörfer Wappen, Transparent und Schild sind ein Geschenk der Ortsvorsteherin zum Einweihungsfest.
Abschließend sei der Schlussabsatz aus der Einweihungsfestschrift zitiert, der durchaus auch an diese Stelle passt: „Von der Gründungsversammlung des Bürgervereins am 04. Dezember 2009 bis zur Einweihung der Halle vergingen genau 946 Tage, wie die Vereinsvorsitzende ausgerechnet hat. Sie bedankt sich, nicht zuletzt als Ortsvorsteherin, bei „ihren“ Dörfer Mitbürgern für deren Hilfs- und Einsatzbereitschaft. Die Ortsgemeinschaft selber dankt „ihrer“ Tanja und der gesamten Vereinsführung für ihren unermüdlichen Einsatz beim Bau des Gemeinschaftshauses, das nunmehr allen Bürgern zur Verfügung steht. Auch in kritischen Momenten verlor die „Bauaufsicht“ nie den Überblick, und selbst die Chefin scheute sich nicht, auf der Baustelle tapfer mit anzupacken.“
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